Günter W. Göttker

Die kulturellen Schmerzen des Günter W. Göttker

 

 

"Drei Wochen war der Frosch so krank,

jetzt raucht er wieder, Gott sei Dank!",

so sprach seinerzeit Wilhelm Busch.

 

Gott sei Dank, kann ich nur sagen, raucht Günter W. Göttker schon längere Zeit nicht mehr. Er ist vielmehr dazu übergegangen, die planmäßige Verrichtung seiner anderen Laster und die Aufnahme seiner Mahlzeiten nach Ebbe und Flut, sprich den Gezeiten, auszurichten. Zeugen hierfür gibt es allerdings nicht.

 

Das Blatt "I´m a Heimtrinker" ist ein schonungsloses Bekenntnis in unserer heutigen von sich selbst ablenkenden Gesellschaft. Eine Frage unter vielen, die das Werk Günter W. Göttkers aufwirft: "Bezieht sich nun die heimtrinkende  Tätigkeit auf die Örtlichkeit des Seniorenstifts oder auf das Zuhause des Künstlers?"

 

Eines kann ich aber mit Bestimmtheit sagen, die Liebe zum Meeresbewohner

ist bei ihm besonders ausgeprägt.

So bemerkte Wolfgang Siebeck kürzlich im Zeit Magazin: "Wie kann der Fisch, der nur im Wasser lebt, trocken sein? Fische auf unseren Tellern sind fast immer trocken. Trockengebraten, trockengekocht, trockengegrillt. Denn nichts ist leichter, als einen Fisch in diesen Zustand zu versetzen. Man muss ihn nur lange genug einer viel zu hohen Temperatur aussetzen."

Göttker sieht sich durch Siebeck in seinen Überlegungen unterstützt, Fangquoten drastisch zu senken und die essbaren Arten nur noch denjenigen anzuvertrauen, die mit ihnen umzugehen wissen und sie sorgfältig und liebevoll behandeln.

 

Günter W. Göttker war in jungen Jahren ein leidenschaftlicher Tischdeckenkritzler. Dies stürzte die Verwandtschaft in eine tiefe Divergenz und führte zu einem jahrelangen Zerwürfnis der Beteiligten. Durch das hübsche, dunkel-lockige Haar des kleinen Künstlers immer wieder entzückt, führte eine Tante väterlicherseits die Familie wieder zusammen. Eine Ausprägung dieses kindlichen Gestaltens finden wir in dem Tuchbild "Was hat das schöne Kind nur mit der Tischdecke angestellt?"

 

In der Alten- und Krankenpflege hat der Künstler tief gehende Erkenntnisse gewonnen und viel Anerkennung erfahren. Die intime Arbeit "Er gab ihr noch etwas Fisch" verbindet die frühen künstlerischen Gehversuche, die Konsequenz in der Nahrungsaufnahme und die Aufopferungsbereitschaft gegenüber seinen Mitmenschen eindrucksvoll.

 

Das Blatt "Heute gehe ich ohne Bademantel ins Bett" stellt uns auch hier eine Frage, nämlich die nach der Glaubwürdigkeit dieser Aussage. Andererseits wird erzählt, dass keine Textäußerung wirklich eng mit dem Leben des G.W.G. verbunden ist.

 

Degenerative Gelenkerkrankungen mit aktiviertem Gelenkverschleiß gehören zu den häufigsten rheumatischen Krankheitsbildern. Kreativ Schaffende im Bereich Bildender Kunst sind besonders betroffen. Hier macht Günter W. Göttker keine Ausnahme und kommt deshalb auch mit seinen Nachbarn nur bedingt bis gar nicht zurecht.

 

Nicht einmal die flagellantischen Exzesse der Großmutter bewahrten den jungen Göttker vor religiösen Belästigungen. Deshalb sind ihm heute säkulare Überzeugung und Kosmopolitismus besonders wertvoll.

 

Aus umweltbewussten Gründen duscht der Künstler nur jeden zehnten Tag, achtet allerdings darauf, dass sich seine Sammlung fleischfressender Pflanzen, unter anderen Fettkraut, Sonnentau und Wasserschlauch, an den wichtigen Feiertagen des Jahres in einem einwandfreien Zustand befindet. Der Italiener sagt hier treffend: "picobello".

 

Die Überbevölkerung seines Heimatplaneten und die ewige Frage: "regenerative Energie oder Atomstrom", bereiten dem schöpferisch tätigen G.W.G. häufig Unbehagen. Diese innere Spannung kommt gerade in seinen farbintensiven Multiples überzeugend zum Ausdruck.

 

"Auf dem Dache sitzt ein Greis, der sich nicht zu helfen weiß."

Dieser Satz aus Hansen, Die Wassernot in Leipzig, könnte hier dem Künstler und Mitbegründer der Kunstkooperative Maritimer Verbund Günter W. Göttker neue Ansätze zu den wichtigen Fragen unserer Zeit geben.

 

 

Erwin H., Psychotherapeut und Vertrauter des Künstlers